Zauberflöte: Jugendliche spielen ihre Opernmusik mit Musikapps
Musikapps verwandeln Smartphones und Tablets in Musikinstrumente – kann man damit aber auch Opernmusik spielen, so wie die der bekannten Oper „Zauberflöte“ von Mozart? Im Rahmen der crossculture night, einem Angebot des Jugendprogramms der Bregenzer Festspiele 2014, konnten Kinder und junge Erwachsene eben genau das ausprobieren. Die Ergebnisse sind kreativ und vielfältig, wie die entstandenen Videos – siehe weiter unten – zeigen.
Ich frage mich: Wie hätte Mozart seine Zauberflöte komponiert, wenn er ein Smartphone und Apps zur Verfügung gehabt hätte? Hätte Papageno dann auf einer Wunder-App performt? Aber warum darüber den Kopf zerbrechen. Warum nicht gleich selbst eine eigene Opernmusik mit Hilfe der modernen Alleskönner komponieren und diese in kleinen Ensembles mit Freunden musizieren?
MOZART REIMAGINED!
Die Idee einen Appmusik-Workshop bei der crossculture night zu machen, ist Maya Eriksson und Nora Ambun-Suri (von Interactive Media Foundation gGmbH) den Machern einer neuen Graphic Novel zu verdanken. Ihre interaktive Geschichte „The Land Of The Magic Flute“ ist gerade frisch als Webseite online gegangen und soll einen spielerischen Zugang zur bekannten Oper „Die Zauberflöte“ von Mozart vermitteln. Es handelt sich um ein Kooperationsprojekt, das u.a. mit Unterstützung des Intendanten der Bregenzer Festspiele David Pountney entwickelt wurde. Entstanden ist eine lebendige und fantasievolle Interpretation der Zauberflöte, die besonders ein junges Publikum begeistern soll. Einen Eindruck liefert das folgende Trailer-Video:
join the adventure on –> www.landofthemagicflute.com (deutsch)
Das Entwickler-Team erschuf inspiriert von der lebendigen und fantasievollen Interpretation, die aktuell in Bregenz auf der Seebühne zu sehen ist (Video: Blick hinter die Kulissen), eine düstere und mysteriöse Welt. Ausgehend von den ersten Szenen dieser Graphic Novel wurde von mir ein Konzept für 90 minütige Workshops entwickelt. Dabei war es mir wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen aktiv ihre Version erschaffen können. Am 19. Juni fanden im Bregenzer Festspielhaus – mit Blick auf die beeindruckende Kulisse der Seebühne drei Workshops mit je 10 bis 15 Kindern und Jugendlichen statt.
Filmmusik mit Apps
Im Appmusik-Workshop konnten die Teilnehmenden zu „The Land Of The Magic Flute“ nun selbst ihre Version der Musik in kleinen Gruppen komponieren und abschließend präsentieren. Zur Verfügung standen die originalen Geräusch-Samples und Musikaufnahmen, die auch in der Graphic Novel genutzt wurden sowie zahlreiche Musikapps wie „SoundPrism“, „DM1“, „Earhoof“, „Orphion“ und die Sampler-App „Annoydio“, zum Abspielen der Original-Samples.
Die 90minütigen Workshops wurden wie folgt gegliedert:
- Briefing und Bilden der Arbeitsgruppen (ca. 10 Minuten)
- Kennenlernen der zu bearbeitenden Szenen aus der Graphic Novel (10 Minuten)
- Ausarbeitungsphase (ca. 40 Minuten)
- Präsentation der sehr unterschiedlichen Versionen und Auswertung (ca. 30 Minuten)
Zur Verfügung standen jeder Gruppe 3 iPads, die mit den verschiedenen Musikapps vorbereitet wurden und ein weiteres Gerät (iPad oder Laptop), auf dem die Szenen der Graphic Novel interaktiv durchgeklickt werden konnte. Außerdem stand auf den Gruppentischen ein Mischpult und Kopfhörer. Damit war es den Workshop-Teilnehmenden möglich, über Kopfhörer ihr Spiel auf den Musikapps gemeinsam zu hören.
Jede Gruppe arbeitete für sich. Dabei wurden sie von mir durch Hinweise zur Bedienung der Apps und zur Strukturierung der Eigenkreationen unterstützt. Folgende einfache Kompositionsregeln wurden vorgegeben: Das Stück soll in der Länge zur Filmszene passen, einen klaren Anfang sowie Schluss haben und wiederholbar sein.
Aufführung
Nach der etwa 40 minütigen Arbeitsphase in den Gruppen wurden die Eigenkreationen aufgeführt. Die Graphic Novel wurde dabei von einem Gruppenmitglied synchron zur Musik gesteuert und als Trickfilm mit einem Beamer die Wand projiziert. Die Gruppen präsentierten ihre Ergebnisse nacheinander. Jede Musik wurde zweimal gespielt und sollte – so die Regel – ähnlich klingen.
Nach dem ersten Vorspielen, gaben die übrigen Teilnehmenden Feedback zur entstandenen Musik. Sind Anfang und Schluss gelungen? Passt die Musik zur Geschichte? Welche Elemente wurden erkannt und können vielleicht noch deutlicher gespielt werden?
Hier die Ergebnisse aus dem Workshop (YouTube-Playliste):
In dieser YouTube-Playlist habe ich sieben Interpretationen zusammengefügt. Sie zeigen ein große Bandbreite, wie unterschiedlich die vorgegebenen Materialien genutzt und wie die Bilder musikalisch umgesetzt wurden. Welche Elemente aus Mozarts Zauberflöte sind erkennbar?
Mein Fazit
Ich bin begeistert, wie genau in den Gruppen gearbeitet wurde und wie vielfältig die musikalischen Interpretationen geworden sind. Ich habe darunter einen Favoriten. Die Musik bei dieser Gruppe klingt von Anfang an, dank der schnellen Arpeggien (App „Grüvtron“), wie eine Verfolgung und hat im weiteren Verlauf klare Übergänge zwischen den Szenen.
Welche Version gefällt euch am besten? Was haltet ihr von der Idee mit Apps Musik zu einer interaktiven Graphic Novel zu komponieren? Könntet ihr euch vorstellen auch einmal Musik für eine Oper oder ein Theaterstück zu machen? Welchen Musikstil würdet ihr wählen?
Matthias Krebs
ist Appmusiker, Diplom-Musik- und Medienpädagoge und wissenschaftlich tätig.
Matthias Krebs ist Gründer und Leiter des Smartphone-Orchesters DigiEnsemble Berlin und beschäftigt sich im Rahmen seiner Promotion mit der Aneignung digitaler Musikinstrumente. Weitere Forschungsschwerpunkte betreffen: Digitale Medien in Lehre und Forschung, Kommunikation im Social Web, Netzkunst, digitale Musikinstrumente und Musiker-Selbstvermarktung.
Er arbeitet und wirkt an der Universität der Künste Berlin als wissenschaftlicher Mitarbeiter, ist als Lehrbeauftragter an mehreren deutschen Musikhochschulen tätig und leitet regelmäßig Workshops.
Mehr: www.matthiaskrebs.de
[…] Ansätze aus Projekten, die die Einbeziehung digitaler Musiktechnologien erproben (z. B. ‚MOZART REIMAGINED! – Die Zauberflöte‘ (Krebs 2014) und verschiedene Klangforschungsprojekte bei […]