mEiMu – mit iPod-Touch & iPad im Musikunterricht
Am 24. Mai wurde an der Bertha-von-Suttner-Oberschule Berlin im Musikunterricht einer 8. Klasse erprobt, ob und wie mit mobilen Endgeräten – hier 10 iPod touch und 5 iPads – innerhalb einer Musik-Doppelstunde kleine Musikstücke von den Schülerinnen und Schülern komponiert und musiziert werden können. Auch wenn sich die Wogen, die sich mit dem Artikel bei Zeit-Online über das ungewöhnliche Unterrichtsprojet aufgetürmten, nun langsam wieder geglättet haben, soll auch in diesem Blog auf das (in meinen Augen) recht erfolgreiches Pilotprojekt „Mobile Endgeräte im Musikunterricht“ (mEiMu) hingewiesen werden.
Das Projekt mEiMu wurde als Praxis-Inhalt für ein Einführungsseminar (Musikdidaktik) an der Universität Potsdam konzipiert. Die Studierenden sollten die Möglichkeit erhalten, ihre Unterrichtsideen mit Schülern auszuprobieren. Dafür konnte mit dem Musiklehrer Henning Wehmeyer nach dem Projekt „Musikvideos im Musikunterricht“ (MuviPro) eine weitere Kooperation geschlossen werden. Die elf Studierenden bereiteten 5 verschiedene Unterrichtsszenarien vor und erprobten diese mit 30 nichts ahnenden Schülerinnen und Schülern.
Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit den neuartigen Technologien ist es nicht, traditionelle Instrumente zu ersetzen. Neuartige Technologien bieten eine andere Art mit Musik umzugehen, das wurde den Studierenden in eigenen Versuchen schnell deutlich. Wie das gemeinsame Gestalten von Musik aussehen kann, welche Problemstellungen und Chancen mit diesen Musiktechnologien verbunden sind und in welcher Weise der Begriff „Instrument“ (wieder einmal) grundlegend erweitert und neu gedacht werden muss, sollte mit dem mEiMu-Projekt einmal für den Kontext Musikunterricht also in der Praxis erkundet werden.
Das folgende Video ist ein Ergebnis der insgesamt fünf Schülergruppen. Hier wurde von den Schüler/-innen versucht, den Gefühlszustand „Trauer“ musikalisch umzusetzen. Die anderen Ergebnis-Videos sowie weitere Materialien und Unterrichtsskripte können auf der Projektseite unter www.meimulab.wordpress.com gefunden werden. Dort gibt es auch kleine Hörspiele die in einer folgenden Musikstunde (Leitung: Sybille Seite und Henning Wehmeyer) aufgenommen und mit den iPod-Musiken verbunden wurden.
Charakteristisch für die Wahrnehmung der kleinen (Musik-)Geräte ist, dass sie auf den ersten Blick nicht als Musikinstrumente wahrgenommen werden. Smartphones und Tablet-PCs haben sich in den letzten Jahren zu kleinen Allzweck-Computern entwickelt. Dazu gehören auch Musik-Apps, die ein teilweise sehr intuitives Erforschen von Musik ermöglichen sowie auch sehr differenziert spielbare Instrumenten-Anwendungen bieten. Doch wer das Gerät und solch ein Instrument nicht selbst erlebt hat, dem fällt es schwer die bunten Interfaces ernst zu nehmen. Wie den Schülerinnen und Schülern, die zu Beginn des Musikunterrichts sehr daran zweifelten, ob mit den „Spielgeräten“ wirklich Musik gemacht werden kann, geht es Vielen. So waren viele Leser des Artikels „App statt Blockflöte„, der am 20. Juni bei Zeit-Online veröffentlicht wurde, stark irritiert, wie sich in den Kommentaren lesen lässt. Sie stürzten sich auf die kurzen Videos, sowie die pointierte Darstellung, Titel und Teaser. Interessant ist, dass aber die Jugendlichen sehr ähnlich skeptisch reagiert, wie auch auf dem Schülerportal spickmich zu lesen ist.
Welche Rolle Smartphones und Tablet-PCs in der Schule spielen werden und wie sich der Musikunterricht von einer zumeist eher analytischen Auseinandersetzung hin zu mehr gestalterischem Umgang auch mit Eigenproduktionen entwickeln wird, hängt aber letztlich an Bildungspolitik und Lehrerausbildung ab sowie natürlich nicht zuletzt am Engagement der Lehrenden und Beteiligten (Schüler und Eltern) selbst.
Matthias Krebs
ist Appmusiker, Diplom-Musik- und Medienpädagoge und wissenschaftlich tätig.
Matthias Krebs ist Gründer und Leiter des Smartphone-Orchesters DigiEnsemble Berlin und beschäftigt sich im Rahmen seiner Promotion mit der Aneignung digitaler Musikinstrumente. Weitere Forschungsschwerpunkte betreffen: Digitale Medien in Lehre und Forschung, Kommunikation im Social Web, Netzkunst, digitale Musikinstrumente und Musiker-Selbstvermarktung.
Er arbeitet und wirkt an der Universität der Künste Berlin als wissenschaftlicher Mitarbeiter, ist als Lehrbeauftragter an mehreren deutschen Musikhochschulen tätig und leitet regelmäßig Workshops.
Mehr: www.matthiaskrebs.de
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